Positive Psychologie im Bildungswesen: Eva Jambor über PERMA.teach und den Weg zur Resilienz

Seit Jahren ist Eva Jambor eine treibende Kraft im österreichischen Bildungswesen. Doch ihre jüngste Initiative, PERMA.teach, hat nicht nur Tausende von Lehrkräften und Schülern inspiriert, sondern sie auch zu einer tiefgreifenden persönlichen und akademischen Kehrtwende geführt: dem Masterstudium der Positiven Psychologie an der DHGS in Berlin.
Die Geschichte von PERMA.teach ist die Geschichte einer Suche nach mehr als nur Noten und Lehrplänen. Es ist die Suche nach dem Flourishing – dem wissenschaftlich fundierten Aufblühen des Menschen. Eva Jambor teilt ihre Erfahrungen und erklärt, wie die wissenschaftliche Vertiefung an der DHGS ihre Arbeit neu prägt.
Von der Anti-Raunz-Challenge zum Flourishing-Ansatz
Birgit Metzger: Wie sind Sie persönlich zur Positiven Psychologie gekommen?
Eva Jambor: Ich bin in einen gemeinnützigen Verein im Bildungsbereich in Österreich eingestiegen. Dort bin ich eingeladen worden, ob ich mir Gedanken machen möchte, wie man Kinder dazu bringen kann, dass aus ihnen dann nicht so raunzende Menschen werden. Und dass sie eine optimistische Grundhaltung bekommen.
Die Wiener sind ja dafür bekannt, dass sie immer so ein bissel granteln. Und als wir dann das Programm entwickelt haben, war ich sozusagen dafür eingeteilt, eine Anti-Raunz-Challenge zu entwickeln. Und da bin ich dann eben im Jahr 2014 auf den Martin Seligman und seinen Flourishing-Ansatz gestoßen.
Birgit Metzger: Wie war es, als Sie das Thema Positive Psychologie eingebracht haben?
Eva Jambor: Mich hat ja bei meinem ersten Kontakt mit der Positiven Psychologie ein Buch von Martin Seligmann so begeistert, weil er eine Studie nach der anderen beschrieben hat. Und ich erkannt habe: das ist ja Wissenschaft. Also wusste ich für mich ganz, ganz genau, es ist nicht esoterisch, sondern da gibt es handfeste Belege.

Das wissenschaftliche Fundament: Das PERMA-Modell der Positiven Psychologie
PERMA.teach basiert auf dem griffigen PERMA-Modell von Martin Seligman. Dieses Modell definiert die fünf messbaren Säulen, die zum Aufblühen beitragen.
Eva Jambor, Ingrid Teufel, die Co-Initiatorin von PERMA.teach, und deren Team übersetzten diese wissenschaftlichen Säulen in praxistaugliche Handreichungen für den Schulalltag, die ohne extra Stunde im Stundenplan anwendbar sind – als eine Frage der Haltung:
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P – Positive Emotions (Positive Gefühle): Schaffung einer positiven Grundstimmung.
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E – Engagement (Flow): Konzentration auf die Stärken der Kinder, um den Flow zu ermöglichen.
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R – Relationships (Positive Beziehungen): Aktives Gestalten von guten Beziehungen.
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M – Meaning / Mattering (Sinnhaftigkeit): Kindern vermitteln, wozu eine Aufgabe gut ist.
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A – Accomplishment (Zielerreichung): Etablierung einer Feierkultur, um auch kleine Erfolge wahrzunehmen und die Defizitorientierung zu durchbrechen.

PERMA.teach im Einsatz: Messbare Erfolge in der Lehrerfortbildung
Nach der Pandemie wurde PERMA.teach zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mit Geldern aus dem Gesundheitsbereich finanziell gefördert. Um die Wirkung des Ansatzes zu belegen, wurde das Projekt wissenschaftlich begleitet – unter anderem von der in Deutschland bekannten Professorin für Schulentwicklung Prof. Dr. Ulrike Lichtinger.
Birgit Metzger: Was war das Besondere am Projekt und den Ergebnissen?
Eva Jambor: Wir haben uns am Anfang 19 Pilotschulen gesucht und 24 Kontrollschulen, die keine PERMA.teach-Inhalte bekommen haben. Und wir haben dann tatsächlich ein Schuljahr lang eine Begleitforschung gemacht um zu zeigen, auch wenn man nur kleine Häppchen bringt, bringt’s was. Das Ergebnis war überzeugend. Die Frage war natürlich, können wir die Kinder stärken? Kommt’s beim Kind an? Und der erwünschte und auch bewiesene Begleiteffekt für alle Lehrpersonen, die damit gearbeitet haben war: sie konnten auch ihr eigenes Wohlbefinden damit stärken. Die Konzeption der knappen Online-Formate zahlte sich aus, da sie den Zeitplan der Lehrkräfte berücksichtigte und gleichzeitig eine sofortige Umsetzung im Klassenzimmer ermöglichte.
Birgit Metzger: Was war die Resonanz von den Lehrkräften?
Eva Jambor: Wir haben gewusst, das muss kurz und knackig sein. Und es war, glaube ich, das richtige Maß. Du bist drin, als Lehrperson und willst für die Kinder was Tolles machen. Und gehst aber selber bestärkt raus, weil alles, was ich lerne, um es für die Kinder einzusetzen, mir auch als Mensch gut tut. Unsere Fortbildungen haben um 18 Uhr geendet und die Menschen sind energetisiert aus den Formaten rausgegangen.
Aus ursprünglich geplanten 12 Seminaren wurden in dreieinhalb Jahren über 200 Veranstaltungen mit bis zu 100 Teilnehmenden pro Format.

Lebenslanges Lernen: Warum die Wahl auf das Positive Psychologie Studium der DHGS fiel
Trotz des großen Erfolgs von PERMA.teach entschied sich Eva Jambor für eine akademische Vertiefung. Inspiriert durch den Vortrag von Prof. Dr. Judith Mangelsdorf auf dem Tomorrow Mind Kongress in Wien, begann sie den Master in Positiver Psychologie an der DHGS in Berlin.
Birgit Metzger: Ändert die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Positiven Psychologie noch einmal Ihren Blick darauf?
Eva Jambor: Definitiv. Also es wird hier ja sehr selbstkritisch mit der Positiven Psychologie umgegangen. Auf die Wissenschaft selbst durfte ich natürlich jetzt einen näheren Blick kriegen. Es ist wahnsinnig spannend und tatsächlich ein Geschenk, wenn man in meinem Alter noch mal studiert. Ich bin auch ganz stolz unterwegs mit dem Rucksack von der Uni, ich finde das Weiterlernen ist ein Lebensgeschenk.
Birgit Metzger: Was würden Sie sagen, ist das Besondere an der DHGS?
Eva Jambor: Jetzt erlebe ich das zum ersten Mal universitär. Das heißt, das ist ein anderer Anspruch. Also das ist sehr stark auch nochmal mit diesem Blick auf die Wissenschaft, aber auch auf die wissenschaftliche Methoden zu blicken. Wie ernst darf ich jetzt zum Beispiel dieses Ergebnis einer Studie nehmen? Und das habe ich, seit ich mein Studium vor vielen Jahren abgeschlossen habe, nicht mehr gehabt. Das inspiriert mich gerade sehr.
Ansonsten kann ich sagen, dass es immer bewegend war und unglaublich bereichernd, mit Menschen zusammenzutreffen, die sich bewusst für diese Art von Ausbildung entscheiden. Es sind ganz besondere Menschen, wo ich mich eigentlich immer wohl gefühlt habe.
Mit meinen Kommilitonen haben wir gleich so eine Austauschgruppe übers Handy gemacht. Und das ist unglaublich, diese gegenseitige Hilfsbereitschaft. Wer etwas für sich entdeckt hat, stellt das sofort zur Verfügung. Es wird geteilt… Also sowas erlebt man jetzt draußen selten. Das ist sehr energetisierend und macht sehr dankbar. Das ist etwas ganz besonderes.

„So früh wie möglich“: Warum Positive Psychologie in die Schulen und Hochschulen gehört
Birgit Metzger: Haben Sie noch ein Schlusswort?
Eva Jambor: Also ich habe es mit so viel Freude gesehen, dass die Positive Psychologie im deutschsprachigen Raum einen Platz gefunden hat, im Hochschulbereich. Das halte ich für sehr wichtig!
Ich glaube einfach, dass die Positive Psychologie ein wahnsinniges Potenzial hat, um uns als Menschen, aber auch als Gesellschaft weiter zu bringen. Das ist nicht die allein selig machende Variante. Aber da steckt so viel Wissen drin, wo es mir ein wirkliches Anliegen ist, das schon zu Kindern zu bringen – so früh wie möglich.


Autorin
Birgit Metzger
Marketingleiterin
Als Marketingleiterin verantwortet Birgit die strategische Ausrichtung der Hochschulkommunikation und setzt kreative Impulse, die die Vielfalt des Campuslebens sichtbar machen.
Ihre Ausgleichsmomente findet sie in langen Spaziergängen mit ihrem Hund, auf ausgedehnten Radtouren und beim Ausprobieren neuer Sportarten.
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