Interview
Andreas Gerg

Interview

Die Eishockey-Mannschaft „Nürnberg Ice Tigers“ hat einen neuen Athletiktrainer: Andreas Gerg. Durch seine Zeit als Athletiktrainer bei Red Bull Salzburg im Fußball-Nachwuchs und bei den Tölzer Löwen für den kompletten Athletikbereich der Profis und des Nachwuchses bringt er bereits jahrelange Berufserfahrung mit sich. Neben dem Profisport absolvierte Andreas Gerg ein Masterstudium an der DHGS im Bereich Sportwissenschaft. In dem Interview erklärt er, wie wichtig gutes Zeitmanagement für ein Studium neben dem Leistungssport ist.

DHGS: Was sind deine nächsten sportlichen Zielstellungen?

ANDREAS GERG: In meiner Position als Athletiktrainer bei den Nürnberg Ice Tigers bin ich vor allem für die Verletzungsprävention und Leistungsoptimierung der Spieler verantwortlich. Mein Ziel ist es, dass die Athleten möglichst verletzungsfrei durch die Saison kommen und deren Leistungsfähigkeit gleichmäßig hoch bleibt und möglichst nicht abnimmt. Somit kommt dem Verletzungspräventionstraining neben dem Eis eine entscheidende Rolle zu. Die gezielte und intelligente Steuerung, vor allem des Maximalkrafttrainings, sorgt für eine Verbesserung der Belastungsverträglichkeit. Hinzu kommt das Training der Propriozeption, welches zur Stabilisation der Gelenkstellungen beiträgt. Ergänzend kommen wichtige, individuell erstellte Regenerationsstrategien hinzu. Die Optimierung der Leistung geschieht vor allem durch eine planmäßige und systematische Steuerung der Trainingsziele, -methoden, -inhalte und -mittel. Dabei ist zu beachten, dass der Zweck die Mittel vorgibt. Wir sprechen hier nicht von einer Maximierung aller konditionellen Fähigkeiten, sondern von einer Optimierung. Je nach verfolgtem Ziel müssen die Trainingsschwerpunkte gesetzt und das Volumen der Trainingsinhalte jeweils angeglichen werden.

DHGS: Welche Module im Studium waren/sind für dich am interessantesten?

ANDREAS GERG: Im ersten Semester waren die Module „Organisation, Strukturen und Steuerungselemente des Sports“ und „Sportpsychologische Prinzipien und Handlungskompetenzen“ von hohem Interesse für mich und haben mir einen absoluten Mehrwert geboten, da beide Bereiche bis dato noch nicht von so großem Interesse für mich waren. Danach jedoch umso mehr.

Als Sportwissenschaftler sollte man einen Überblick über die Strukturen des deutschen Spitzensportsystems haben. Dieses sehr komplexe und interessante Gebilde verfügt über vielerlei Beziehungen zwischen den einzelnen Institutionen. Unsere Aufgabe im Kurs war es, das darin erlangte Wissen zu nutzen, um weitere Entwicklungsmöglichkeiten in der Organisationsstruktur des Spitzensports zu erarbeiten oder Lösungsansätze für eigene Problemstellungen zu finden. Das in diesem Modul erlangte Verständnis über das Zusammenwirken verschiedener Institutionen nutze ich heute beispielsweise für die Zusammenarbeit mit Verbänden, Reha-Zentren oder anderen Kooperationspartnern.

Da mein Fokus im Training stets auf der Optimierung der konditionellen Fähigkeiten liegt, war es jedoch auch hilfreich, mal über den Tellerrand hinauszublicken und zu sehen, welche Möglichkeiten es gibt, den Athleten im kognitiv-perzeptiven Bereich zu unterstützen. Im Gebiet der Sportpsychologie gibt es zahlreiche Methoden und Ansätze, die man nutzen kann, um dem Athleten zu mehr Selbstvertrauen zu verhelfen oder um ihn nach Verletzungen schnell wieder in die richtige „Spur“ zurückzuführen.

Neben diesen Modulen waren für mich vor allem die Inhalte meines Schwerpunkts „Leistungssport“ allesamt sehr lehrreich. Die Dozenten, die aus unterschiedlichsten Sportarten kommen, besitzen umfassende Erfahrungen und Expertenwissen und sorgten stets für eine gute Verzahnung von Theorie und Praxis. Dabei war es auch spannend, Einblicke in die Trainingssteuerung anderer Sportarten zu erhalten. So hatten wir beispielsweise die Möglichkeit, uns mit anderen Sportarten im Rahmen eines Besuchs am Olympiastützpunkt Berlin zu beschäftigen. Dort nahmen wir an Theorie-Vorträgen, Live-Trainingseinheiten und Experteninterviews mit Trainern und Athleten teil und bekamen einen tiefen Einblick in die Welt des Stabhochsprungs, einer für mich eher „exotischen“ aber ebenso interessanten Sportart.

DHGS: Konntest du erworbene Inhalte aus dem Studium auch für dein Training nutzen?

ANDREAS GERG: Vor allem aus den Modulen „Trainingsplanung und Trainingssteuerung“ sowie „Leistungsdiagnostik und Leistungsoptimierung in Spielsportarten“ konnte ich jede Menge nützliches Wissen mitnehmen. Die Periodisierung und Steuerung des Trainingsprozesses ist meiner Meinung nach der Heilige Gral der Trainingswissenschaft. Die Anforderungen an den modernen Athleten steigen kontinuierlich und so wird auch die Planung und Steuerung des Trainings immer komplexer. Das Prinzip der Individualität spielt in meinen Augen eine sehr wichtige Rolle. Mit Hilfe von objektiven und subjektiven Belastungsparametern ist es beispielsweise möglich, jeden einzelnen Athleten an sein Leistungsoptimum heranzuführen. Dabei muss man in der Trainingsplanung oftmals von seinem ursprünglich gewählten Plan abweichen und sich den gegebenen Situationen anpassen. Genau diese Flexibilität macht jedoch in meinen Augen einen guten Trainer aus.

DHGS: Was sind deine größten Herausforderungen während des Studiums?

ANDREAS GERG: Ein Studium parallel zu einem Job oder einer Karriere als Athlet erfordert vor allem ein gutes Zeitmanagement. Meine größte Herausforderung war es, das Selbststudium mit meinem Job zu vereinbaren. Dabei hat es mir vor allem geholfen, einen strukturierten Monats- und Wochenplan zu erstellen. Sämtliche Termine des Studiums und meines Jobs habe ich miteinander verknüpft und in einem Wochenplan mit dazugehörigen Deadlines festgehalten. Während längerer Pausen in der Arbeit habe ich mir oft Studien oder wissenschaftliche Artikel durchgelesen, markiert und zusammengefasst. Dafür benötigt man sehr viel Selbstdisziplin. Der Studienverlaufsplan ist jedoch so gestaltet, dass man zwischen den einzelnen Präsenzphasen genügend Zeit hat, um die Studieninhalte sorgfältig vor- bzw. nachbereiten zu können.

DHGS: Welche Unterstützungen seitens der DHGS sind für dich zum erfolgreichen Abschluss sehr wichtig?

ANDREAS GERG: Der direkte und kurze Weg zu allen Dozenten und Professoren erleichtert das Studium enorm. Bei Fragen rund um Prüfungen, Studieninhalte und Präsenzphasen stehen einem die Kollegen des Prüfungsamtes und des jeweiligen Studienstandortes jederzeit beratend zur Verfügung. Hinzu kommt, dass die DHGS über hervorragende Kooperationspartner mittels Vereinen, Verbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und Institutionen aus dem Bereich Wirtschaft verfügt. So ist es beispielsweise möglich, ein kooperatives Studium am Deutschen Fußball Internat Bad Aibling oder ein Praktikum am Olympiastützpunkt zu absolvieren. Ich hatte die Möglichkeit, ein wissenschaftliches Projekt im Rahmen meiner Masterarbeit zusammen mit dem Deutschen Eishockey-Bund durchzuführen.

DHGS: Was möchtest du Leistungssportler*innen, die zukünftig an der DHGS studieren, als wichtigen unterstützenden Hinweis mitgeben?

ANDREAS GERG: Die Zeit während des Studiums bot mir eine hervorragende Möglichkeit, um von anderen Menschen zu lernen. Ich kann jedem empfehlen, stets den Diskurs, die Diskussion und den Austausch mit Kommilitonen/innen und Dozenten/Dozentinnen zu suchen. Der Weitblick und die zunehmende Erfahrung, die ich dadurch gesammelt habe und weiterhin sammeln darf, haben mir enorm geholfen, einen roten Faden in meiner Rolle als Trainer zu verfolgen. Als Trainer sollte man natürlich immer eine eigene Philosophie haben und sich selbst treu bleiben. Dennoch ist es enorm wichtig, dass man über den Tellerrand hinausschaut und sich anhört, was Trainer/Athleten verschiedener Sportarten anders machen. Dabei habe ich stets reflektiert und überlegt, was ich aus anderen Sportarten für meinen eigenen Bereich mitnehmen kann. Das Training eines Individualsportlers unterscheidet sich enorm von dem eines Spielsportlers. Trotzdem kann ein Spielsportler enorm viel von einem Individualsportler lernen und umgekehrt; sei es in der selbstständigen und akribischen Trainingsdokumentation oder in der abwechslungsreichen und flexiblen Trainingsgestaltung.

Wir wünschen Andreas Gerg viel Erfolg bei seiner neuen Stelle als Athletiktrainer bei den „Nürnberg Ice Tigers“.