Interview
Marcel Pelgrim

Interview
Marcel Pelgrim

Marcel studiert an der DHGS Sport und angewandte Trainingswissenschaften im 1. Semester. Er ist als Schiedsrichterassistent in der deutschen Bundesliga tätig und betreibt privat intensiv Trailrunning und Laufsport. In unserem Interview hat er uns einige Fragen zur Vereinbarkeit seiner Karriere mit dem Studium an der DHGS beantwortet:

DHGS: Was sind deine nächsten sportlichen Zielstellungen?

MARCEL PELGRIM: Diese Frage ist für einen Schiedsrichter / Schiedsrichterassistenten im Fußball gar nicht so leicht zu beantworten! Uns fehlt natürlicherweise das klassische Highlight, der Wettkampf oder das Event auf welches man fokussiert hinarbeiten kann. Deshalb habe ich innerhalb meiner Schiedsrichter bzw. Assistententätigkeit für mich den Anspruch, dass ich jeden einzelnen Spielauftrag mit der notwendigen Professionalität angehe. Dies bin ich sowohl meinen Mitstreitern im Schiedsrichterteam, wie auch den beiden Mannschaften und deren Anhängern schuldig. Ziel ist es natürlicher immer, eine möglichst fehlerfreie Leistung abzuliefern, die auf allen Seiten die nötige Akzeptanz findet. Man muss sich aber auch dessen bewusst sein, dass dies nicht immer gelingen wird. Als Leistungssportler, und als solcher sehe ich mich durchaus auch in meiner Rolle als Bundesliga-Schiedsrichterassistent, strebe ich aber immer nach der besten möglichen Leistung und ärgere mich, wenn es mir nicht gelingt diese abzurufen.

Als Schiedsrichterassistent ist für mich auf dem Spielfeld spätestens im Alter von 47 Jahren, also in 3,5 Jahren, Schluss. Bis dahin wünsche ich mir, dass ich mein derzeitiges Niveau halten und ggf. noch weiter optimieren kann.

Als Ausgleich zur Schiedsrichtertätigkeit, in der es ja vordergründig für mich nie um „gewinnen oder verlieren“ geht, betreibe ich noch relativ intensiv Trailrunning und Laufsport. Wettkampfmäßig erfolgt dies meist in den Zeiten, in denen der Profifußball eine Pause einlegt.  Hier packt mich immer wieder der Ehrgeiz persönliche Bestzeiten zu verbessern oder mich auf neue Strecken zu wagen. Leider war das in 2020 natürlich kaum möglich, da nur wenige Veranstaltungen stattfinden konnten. In der Hoffnung, dass wir in 2021 die schlimmsten Auswirkungen der Pandemie gemeinsam hinter uns lassen konnten, plane ich als Highlight für den Sommer die Teilnahme an einer zweitägigen Trailrunning-Challenge. Diese besteht aus einem 15 km langen Trailrun und einem 63 km langen Ultratrail. Hierauf werde ich gezielt mein Training ausrichten. Irgendwann, vermutlich aber erst nach Beendigung der Schiedsrichterkarriere, möchte ich gerne mal einen alpinen 100-Miler finishen.

DHGS: Welche Module im Studium waren/sind für dich am interessantesten?

MARCEL PELGRIM: Tja, ich habe ja quasi erst 2 Module hinter mir und das unter „Coronabedingungen“. Statistik finde ich ja grundsätzlich durchaus spannend, aber ich gebe zu, dass es für mich zum Start schon herausfordernd ist.

Im Modul „Trainingswissenschaften“ fühlte ich mich dann schon eher zu Hause, da ich mich mit vielen Themen dieses Moduls bereits im Rahmen meiner Fortbildung zum „Trailrunning-Guide“ bzw. „Lauf-Instruktor“ beschäftigt hatte. Ich freue mich riesig auf den Bereich „Leistungsdiagnostik“. Seit ich im Jahr 2004 erstmalig im Rahmen einer sportmedizinischen Untersuchung für die Schiedsrichtertätigkeit mit dem Thema in Kontakt kam, bin ich von dieser Trainingswissenschaft fasziniert. Im Endeffekt war es dann auch der mich betreuende Trainingswissenschaftler, Prof. Dr. Volker Hölkte (Professor an der DHGS), der mich davon überzeugte, auch in meinem Alter noch den Schritt ins Studium zu wagen. Mein Ziel ist es, nach der Schiedsrichterkarriere im Sport eine berufliche Zukunft zu finden.

DHGS: Konntest du erworbene Inhalte aus dem Studium auch für dein Training nutzen?

MARCEL PELGRIM: Ein ganz klares „ja“! Mein Training ist bzw. war eigentlich über die vergangenen Jahre immer davon geprägt, dass ich lieber 5 km mehr gelaufen bin, als zu mich zu dehnen oder Krafttraining zu absolvieren! Alleine laufen fällt mir immer leichter, als alleine an den anderen notwendigen Komponenten der Leistungsfähigkeit für Ausdauersportler zu arbeiten. Wir haben zwar einen Trainer der uns hervorragende Trainingspläne für die Schiedsrichtertätigkeit schreibt, aber in der Praxis trainieren wir quasi nie im Team, sondern meist alleine an unseren Wohnorten. Ohne Druck und Anleitung ignoriert man dann gerne den einen oder anderen Hinweis! Die Quittung dafür habe ich dann auch schon das ein oder andere Mal erhalten. Zum Glück noch nie auf dem Fußballplatz, aber durchaus im Rahmen von Laufveranstaltungen, bei welchen am Ende die Komponente „Kraft“ im Rahmen der Ermüdungsresistenz eine Rolle gespielt hat!

Langer Rede, kurzer Sinn: Nachdem wir jetzt im Modul Trainingswissenschaften auch noch mal intensiv auf die „Grundlagen sportmotorischer Fähigkeiten“ eingegangen sind, habe ich tatsächlich nachhaltig die Komponenten in meinen Trainingsplan aufgenommen, welche ich zuvor sträflich vernachlässigt hatte. Meinen Trainer und meinen Körper wird’s hoffentlich freuen.

DHGS: Was sind deine größten Herausforderungen während des Studiums?

MARCEL PELGRIM: Die größte Herausforderung dürfte die zeitliche Koordination werden. Hier bin ich sehr dankbar, dass das Studienmodell der DHGS doch relativ flexibel ist. Klar, ich habe das Ziel alle Vorlesungen und Klassenzimmer „live“ zu verfolgen, aber das ist zum Teil von sehr viel planerischem Geschick abhängig. Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass ich als DFB-Schiedsrichterassistent kein Profi bin, somit noch einem weiteren Beruf in Teilzeit nachgehe und auch Familie habe. Die Familie trägt das alles natürlich in vollem Maße mit, aber ich habe persönlich schon den Anspruch, auch für sie da zu sein.

Im Rahmen der Schiedsrichtertätigkeit erfahren wir in der Regel erst kurzfristig, ob und noch kurzfristiger, wann und wo wir zum Einsatz kommen. Hinzu kommen noch Schulungen, Lehrgänge und Qualifikationen. Das muss dann irgendwie immer mit Beruf und Studium koordiniert werden. Schon vor dem Studium war ich meinem Arbeitergeber für deren Verständnis und Unterstützung sehr dankbar und auch aktuell legen sie mir keine Steine in den Weg. Dennoch wollen meine Kunden natürlich auch adäquat betreut werden.

Im Rahmen der Schiedsrichtertätigkeit habe ich auf An- und Abreisen, sowie in den Hotelzimmern der Republik relativ viel Zeit. Ich hoffe, ich kann diese effektiv zum Lernen nutzen.

DHGS: Welche Unterstützungen seitens der DHGS sind für dich zum erfolgreichen Abschluss sehr wichtig?

MARCEL PELGRIM: Die Beantwortung dieser Frage schließt sich unmittelbar an die vorherige Antwort an. Ich kann und will keinen Sonderstatus für mich verlangen, dass liegt mir und meinem Naturell fern. Ich erhoffe mir aber möglichst großes Verständnis bzw. ein offenes Ohr, wenn es zu Terminkonflikten kommen könnte. Schön und sinnvoll wäre es natürlich, wenn man sich nicht für das Eine und gegen das Andere entscheiden müsste, sondern konstruktive Kompromisse gefunden werden könnten. Wenn solche Geschichten den Kopf zu intensiv belasten, leidet wahrscheinlich die Leistungsfähigkeit auf allen Ebenen und keinem wäre geholfen. Auf der anderen Seite kann ich vielleicht auch mal etwas zurückgeben, indem ich meine Erfahrungen aus dem Profisport bzw. aus der nicht immer einfachen Schiedsrichtertätigkeit, mit anderen Studierenden im Rahmen von Referaten oder Gesprächsrunden teile.

DHGS: Was möchtest du Leistungssportler*innen, die zukünftig an der DHGS studieren, als wichtigen unterstützenden Hinweis mitgeben?

MARCEL PELGRIM: Nun, nach gut zwei Monaten kann ich diesbezüglich natürlich noch kein vollumfängliches, valides  Meinungsbild wiedergeben. Ich bin aber der Überzeugung, dass ein Studium an der DHGS für jeden Leistungssportler eine optimale Ergänzung zum Sportleralltag darstellen kann. Die Anforderungen an ein solches Studium sind jedoch auch nicht zu unterschätzen und es kommt, neben dem Trainings- und ggf. Berufsalltag, eine weitere, durchaus komplexe, Komponente hinzu. Das erfordert eine große Portion Willenskraft, welche aber eigentlich alle Leistungssportler ohnehin auf sich vereinigen sollten. Andererseits habe ich bereits jetzt gemerkt, dass einem die Erfahrungen aus dem Leistungssport durchaus zu Gute kommen können und man diese Erfahrungen sehr gut mit einbringen kann und darf. Des Weiteren sollte man seine sportliche Situation von Anfang an klar und offen kommunizieren, um Missverständnissen oder Problemen vorzubeugen. Ich bin diesbezüglich immer auf offene Ohren bei meiner Studiengangsleitung getroffen. „Starallüren“ sind natürlich nicht angebracht, aber ich denke das versteht sich von selbst!

Wir bedanken uns bei Marcel für die interessanten und ausführlichen Antworten auf unsere Fragen und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg als Leistungssportler und bei seinem Studium.